In der kommenden Woche wären wir wieder gemeinsam mit der Fan- und Förderabteilung und zahlreichen VfB Fans auf dem Christopher Street Day präsent gewesen. Eine Demonstration wird dieses Jahr nicht stattfinden. “Diesmal halt anders” dachten sich die Veranstaltenden. Was es damit auf sich hat und welchen Eindruck das Team vom CSD vom VfB und der Fanszene haben, könnt ihr hier nachlesen.
Moin!
Schön, dass ihr euch Zeit genommen habt, ein paar Fragen für uns zu beantworten. Wie geht es euch?
Hallo und danke, dass du fragst. Uns geht es soweit gut. Wobei der Schock schon einschneidend war.
Wie hat sich die Corona-Krise auf die Planung des diesjährigen Christopher Street Days ausgewirkt?
Zuerst einmal mussten wir alles stoppen. Denn es kam ja relativ schnell die Ansage, dass Veranstaltungen mit 1000 Menschen und mehr verboten werden. Da wir mitten in der heissen Phase steckten, war das schon eine Vollbremsung auf der Autobahn bei 180 km/h.
„Diesmal halt anders. Trotzdem sichtbar“. Trotz Einschränkungen wird es verschiedene Aktionen anlässlich des Christopher Street Days geben. Was habt ihr geplant und wie können sich Interessierte beteiligen?
Im Kern unserer Überlegungen steht vor allem ein Punkt: wie bleiben wir mit unseren Anliegen sichtbar? Auf jeden Fall haben wir geplant und das passiert auch gerade, die Stadt mit sehr vielen Regenbogenfahnen zu versehen. Diesmal in der Innenstadt auch ergänzt um Banner, die zum Nachdenken anregen sollen. Des weiteren ist auch noch geplant, eine Art “Diversity-Wahrzeichen” zu gestalten, das dann einige Wochen lang die Menschen ebenfalls zum Innehalten anregt. Das Ganze wird dann noch durch digitale Aktionen begleitet. Inwiefern wir noch etwas in Präsenz hinbekommen, ist gerade Gegenstand intensiver Diskussionen. Beteiligen können sich Interessierte dadurch, in dem Sie z.B. unsere Fensterbilder herunterladen und bei sich aufhängen. Auch, in dem das Thema zum Beispiel im direkten Umfeld präsent gehalten wird. Dafür kann man dann die Flaggen und Banner als Gesprächsaufhänger nutzen.
Seit vielen Jahren nehmen wir als Fans des VfB Oldenburg am Christopher Street Day teil. Zunächst als Laufgruppe, dann mit eigenem Wagen. Mittlerweile wird der Wagen auch offiziell von der Fan- und Förderabteilung des VfB mitgetragen. Wie nehmt ihr unsere Beiträge wahr?
Zuerst einmal vorweg: Danke, dass ihr das macht! Euer erster Beitrag ist ja immer noch rückblickend eine witzige Anekdote. Ich weiss noch, wie ich gefragt wurde “Dürfen wir als Heteros da überhaupt mitmachen?”. Eure Beiträge sind eine echte Bereicherung. Einerseits sind Fußball und die Sprache in Stadien durchaus noch stark von Homophobie geprägt und da ist es sehr wertvoll, solche Gruppen zu haben, die sich da stark engagieren. Andererseits ist euer Beitrag im Regelfall lebendig und stark.
Welchen Eindruck habt im Allgemeinen vom VfB Oldenburg und seinen Fans?
Unser Haupteindruck speist sich tatsächlich durch euch und euren Beitrag. Angesichts der eben schon skizzierten Wahrnehmung in Stadien, würden wir uns jedoch auch eine deutlichere Positionierung und Teilnahme des VfB direkt wünschen.
Homo-und Trans*sexualität ist weitestgehend nach wie ein Tabuthema im Fußball. Worin liegen aus eurer Sicht die Gründe dafür?
Das ist eine spannende Frage. Eine Hypothese ist, dass hier tief verankerte Glaubenssätze und Vorurteile greifen. Es gibt Berührungsängste, die rational nicht zu erklären sind. Schon innerhalb der Teams. Doch es ist ja auch verständlich, dass ein Spieler sich schwertut, mit einem Coming Out in diesem Umfeld. Denn die Angst, im Stadion dafür hart und persönlich angegangen zu werden, ist ja durchaus real. Gerade hier wünschen wir uns statt Worten eben Taten der Vereine, des DFL und des DFB. Ähnlich wie bei rassistischen Ausfällen, helfen wenig gute Worte, sondern es braucht Konsequenzen. In der Situation, im Stadion. Es wäre einmal spannend zu erfahren, inwiefern auch die Profispieler der Ligen Berührungsängste mit dem Thema haben.
Was bedarf es, um die Situation zu verbessern?
Wichtig wären hier eben deutlich sichtbare Signale in Form von Taten. Wenn es zu homophoben Ausfällen im Stadion kommt, sei es durch Fangesänge, Zwischenrufe und ähnliches, dann braucht es hier klare Konsequenzen. Auch wäre es sicherlich ein spannendes Signal, wenn sich Profis, ganze Mannschaften offen mit dem Thema auseinanderzusetzen. Zum Beispiel mit Freundschaftsspielen gegen lesbische oder schwule Mannschaften oder auch durch Teilnahme an einem CSD. Das würde sicherlich einige Fans positiv irritieren.
Warum ist es wichtig, dass sich Fans und Sportvereine für Geschlechtervielfalt einsetzen?
Sportvereine haben eine breite Hebelwirkung. Nicht nur die Profisparten im Fussball, die natürlich Tausende bis Millionen von Fans erreichen. Die organisierten Fangruppen können auf Augenhöhe auf die Menschen im Stadion einwirken. Doch auch der Breitensport erfüllt eine wichtige Aufgabe, weil eben Millionen von Menschen dort organisiert sind.
Gibt es noch etwas, das ihr an VfB Fans und Vereinsmitglieder loswerden möchtet?
Als an Euch: Danke und macht bitte weiter! Wir freuen uns immer, mit euch zusammen Themen anzupacken. Und vielleicht gibt es ja auch noch Wege, die Mitglieder weiter zu sensibilisieren und zur Lebenswirklichkeit von LSBTIQ+ aufzuklären.
Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen und alles Gute!