Interview: Na Und e.V.
Vor einigen Wochen saßen wir gemütlich in der Kneipe des Lesben- und Schwulenzentrums Oldenburg um uns gegenseitig über Fußball, Homophobie und andere Themen auszutauschen. Es war ein interessanter und gelungener Abend, der bis in die Morgenstunden andauerte und aus unserer Sicht unbedingt noch einmal wiederholt werden sollte. Getragen wird das Lesben- und Schwulenzentrum vom Verein Na Und e.V. Christian von Manikowksy ist dort aktives Mitglied und wird uns im folgenden Interview den Verein genauer vorstellen
Hallo Christian! Stell dich doch zunächst kurz mal unseren Leser_innen vor…
Ich heiße Christian, bin 43 Jahre alt, lebe seit 1999 in Oldenburg und bin beim NA UND e. V. schon seit den 90er Jahren aktiv dabei.
Wann und wie kam es zu der Gründung des Verein Na Und e.V.?
Der NA UND e. V. wurde vor 27 Jahren am 17. Mai 1985 gegründet. Die damaligen Aktiven waren es leid, sich in Oldenburg höchstens in schummerigen Kneipen zu treffen, sie wollten in die Öffentlichkeit und Aufklärung betreiben. Natürlich sollte auch der Spaß nicht zu kurz kommen, deshalb gab es schon bald die in Oldenburg und umzu bekannte ROSA DISCO im ALHAMBRA (seit 1988)
Wie wurde eure Vereinsgründung von der Öffentlichkeit wahrgenommen – gab es Probleme?
Das weiß ich selber nur vom Hörensagen; es gab ein paar Schwierigkeiten, den Verein als gemeinnützig anerkennen zu lassen, aber insgesamt lief es wohl ganz gut. Die Öffentlichkeit reagierte erst später auf uns und zwar als wir das Schwulen- und Lesbenzentrum in der Ziegelhofstraße 83 eröffneten (1994): Ein Nachbar meinte, dass das Viertel nun zum Rotlichtmilieu verkommen würde und zog letztlich weg. Das war aber eine Ausnahmeerscheinung und das Ziegelhofviertel ist nach wie vor eine der ersten Wohnadressen der Stadt.
Welche Aktivitäten habt ihr euch als Verein auf die Fahne geschrieben?
Da zitiere ich am besten aus unser Vereinsbroschüre bzw. von unserer Homepage:
„Na Und e.V. ist der Verein für Lesben und Schwule in Oldenburg. Wir machen gemeinsam politische Emanzipationsarbeit, kümmern uns um Freizeit und Vergnügen und versuchen das gesellschaftliche Leben hier und auch anderswo mitzugestalten. Uns gibt es seit 1985 und von Anfang an haben Lesben und Schwule zusammengearbeitet. Das macht Spaß, ist anregend und sehr effektiv! Wie effektiv, zeigt nicht zuletzt die Eröffnung des Na Und Lesben – und Schwulenzentrums und sein mittlerweile 18-jähriges Bestehen.
Aktuelle Projekte des Vereins sind unter anderem:
- die Organisation der Rosa Disco jeweils am letzten Samstag im Monat im Alhambra.
- SchLAu (Schwul LesBische Aufklärung), SchLAu bietet u.a. Unterrichtsbesuche, Informationsveranstaltungen und LehrerInnenfortbildungen an.
- die Organisation und finanzielle Unterstützung einer monatlichen Filmreihe mit lesbischen, schwulen oder Transgender-Inhalten durch die Kinogruppe RollenWechsel.
- die Organisation des “Rosa November”, einer Veranstaltungsreihe (wie sollte es anders sein) im November mit Vorträgen, Lesungen, Filmen und Parties.“
Mit dem HEMPELS in der Ziegelhofstraße verfügt ihr über ein eigenes Schwulen- und Lesbenzentrum. Was macht dieses Zentrum für dich zu etwas besonderem und warum ist es für euch wichtig, über ein eigenes Zentrum zu verfügen?
Vielleicht erst mal zur Wichtigkeit für uns, also für alle, die das Zentrum nutzen: Gerade in den Anfängen der „Bewegung“ in Oldenburg war es wichtig, einen Raum zu haben, in dem jede/r so sein konnte, wie sie/er eben war oder ist. Viele Lesben und Schwule gerade aus der „Provinz“ führten in dieser Zeit noch ein Versteckspiel und meinten, ihre Lebensweise verheimlichen zu müssen. Gerade für sie bedeutete so ein Zentrum der sichere Hafen. Das mit dem Versteckspiel hat sich ja weitestgehend geändert. Heute ist das Zentrum einfach eine super „Basis“, von der aus wir unsere Vereinsarbeit (s. o.) planen können. Und mit dem HEMPELS, also dem Kneipencafé im Erdgeschoss des Zentrums, verfügen wir eben über eine eigene Kneipe – wer will so was nicht
Für mich persönlich ist das Zentrum sicherlich zweierlei: Ein wichtiger Teil meines Lebens – das besteht eben nicht nur aus der notwendigen Erwerbsarbeit und dem, was man gemeinhin Freizeit nennt – UND eben Teil genau dieser Freizeit: Spaß haben mit Freunden und Freundinnen in einer cool-gemütlichen Bar.
Laut eurem Flyer gilt Oldenburg als „Heimliche Homohochburg“. Wie würdest du die lesbisch-schwule Szene in Oldenburg beschreiben, was zeichnet sie besonders aus?
Ach, das ist schwierig und die Antwort natürlich sehr subjektiv: Unsere Szene ist sicherlich bezogen auf die Größe Oldenburgs schon recht bemerkenswert: vielfältig, lebendig und kreativ – was nicht zuletzt daran liegen mag, dass wir Freiräume geschaffen haben, die durch Angebote gefüllt werden (… können – mehr geht immer ). Besonders ausgezeichnet wird unsere Szene durch den Mix aus (fast) Großstadt und eben doch Provinz; den kompletten Szene-Overkill à la Hamburg oder Berlin haben wir nicht zu bieten. Und trotz kleiner Zickereien hier und da: Mir gefällt vor allem der Zusammenhalt, der immer wieder zu spüren ist
Obwohl sich in den letzten Jahren eine verstärkte öffentliche Akzeptanz vom Homosexualität und gleichgeschlechtlichen Lebensweisen feststellen lässt, sind Lesben und Schwule im Alltag nach wie vor mit unterschiedlichen Formen von Diskriminierung konfrontiert. Welchen Vorurteilen und Diskriminierungen bist du immer noch ausgesetzt und wie gehst du damit um?
Ich selber bin keinen Diskriminierungen ausgesetzt, war es auch praktisch nicht. Vorurteile erlebe ich schon ab und an noch (Beispiel: alle Schwulen sprechen immerzu mit exaltierter Stimme und haben nur Sex und Lifestyle-Scheiß im Kopf). Dem gilt es dann selbstbewusst entgegenzutreten, frei nach dem berühmten Song: „Ich bin, was ich bin und das ist ungewöhnlich.“ Aber eben nicht unakzeptabel!
Am 16. Juni findet der Christopher Street Day in Oldenburg statt. Welche Bedeutung hat diese Veranstaltung für dich?
Hier zitiere ich meine gute Freundin Maja, eine der NA UND „Urfrauen“ und immer noch bei den Rosigen Zeiten aktiv dabei: „CSD ist wie ROSA DISCO, nur draußen!“ Ich selber habe ihn mal unseren schwullesbischen Betriebsausflug genannt. Nein, Scherz beiseite, sonst steigt mir der LuST e. V. auf’ s Dach, der den CSD Nordwest in Oldenburg schon seit Jahren hervorragend organisiert. Insbesondere durch den CSD in Oldenburg erreichen wir an diesem Tag im meistens ja sommerlichen Juni die breite „Masse“, die sich schon seit langem auf diesen Tag freut. Mir macht’ s immer wieder Spaß, dabei zu sein und mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu feiern und für unsere Akzeptanz einzutreten.
Vor kurzen saßen wir im Rahmen des Themenabends gemeinsam bis in die frühen Morgenstunden gemütlich im HEMPELS, um uns über die Thematik Fußball und Homophobie auszutauschen. Magst du all denjenigen, die an diesem Abend nicht da waren vielleicht noch mal erklären, warum das Thema Homosexualität für den Fußball aus deiner Sicht nach wie vor so schwierig ist?
So richtig verstehen kann man das eigentlich nicht (mehr), aber es ist sicherlich nicht zu leugnen, dass gerade der Profifußball eine der letzten „Hetero-Macho-Bastionen“ ist. Da werden all’ die alten Klischees von „wahrer“ Männlichkeit gepflegt, die woanders längst nicht mehr political correct sind. Wobei es schon geradezu absurd ist: in kaum einer anderen Sportart „müssen“ sich Männer andauernd so nahe kommen, sich jubelnd „bespringen“ und abknutschen. Eigentlich doch ein „Heimspiel“ für Schwule
Würdest du einem Spieler raten, sich zu outen?
Als erstes: Ich würde jedem Menschen raten, zu sich zu stehen, in seiner / ihrer Gesamtheit. Und dazu gehört auch die sexuelle Orientierung. Alles andere führt letztlich nur zu einem falschen, nicht selbstbestimmten Leben.
Als zweites: Jede/r muss für sich entscheiden, ob und wann ein sog. Coming Out passend, sinnvoll ist. Genial wäre ein „Gruppen-Coming Out“ von mehreren Spielern gleichzeitig, dann könnten die sich gegenseitig stärken und die Boulevard-Presse hätte gleich mehrere spannende Interview-Partner – letzteres war ironisch gemeint.
Was glaubst du, wie lange wird die Tabuisierung der Thematik im Profifußball noch anhalten?
Keine Ahnung, vermutlich wohl noch eine ganze Weile. Aber lassen wir uns doch einfach überraschen.
Vielen Dank für das Beantworten unserer Fragen und für den genialen Abend im HEMPELS!
Aber gerne doch! Und der Abend wird wiederholt.